Stolpersteinverlegung (Kleistraße 65 in Massen, für Ottilie Backheuer)
6. Juni | 14:00 – 14:45
Verlegung von sechs Stolpersteinen für Opfer des Nationalsozialismus aus Unna durch den Künstler Gunter Demnig
Unter Mitwirkung von Schülerinnen und Schülern der Hellweg-Realschule Unna-Massen und des Ernst-Barlach-Gymnasiums Unna
Ablauf
- 14.00 Uhr: Unna-Massen, Kleistraße 65 (Ottilie Backheuer)
- (14.45 Uhr: Abbau und Fahrt nach Unna-Zentrum)
- 15.15 Uhr: Unna-Zentrum, Massener Straße 27/nahe Lindenplatz (Emmi Schrewe)
- 16.10 Uhr: Hertingerstraße 28 (Bernhard Gödde)
- 16.20 Uhr: Gerhart-Hauptmann-Straße 24 (Charlotte Eppel)
- 16.30 Uhr: Gerhart-Hauptmann-Straße 29 (Herbert Voss)
- 16.40 Uhr: Gesellschaftsstraße 15 (Julius Kissing)
- 16.50 Uhr: Abschluss auf dem Westfriedhof am Grab von Ottilie Backheuer
Wir freuen uns sehr, dass Gunter Demnig am Dienstag, den 6. Juni 2023 ab 14 Uhr sechs weitere Stolpersteine in Unna verlegen wird, darunter den ersten Stein in Massen. An zwei Orten (an der Kleistraße 65 in Massen und an der Massener Straße 27 in der Nähe des Lindenplatzes) werden Schülerinnen und Schüler von zwei Unnaer Schulen neben offiziellen Grußworten und einem biografischen Abriss ein jeweils ca. 45-minütiges Programm gestalten.
Veranstaltung der vhs im Vorfeld: Am Donnerstag, den 1. Juni 2023, wird Ulrich Reitinger aus Holzwickede unter dem Titel „Die Dimension des Verbrechens“ in das Thema einführen und über seine Teilrecherchen zu den Schicksalen von „ausgesonderten“ Menschen mit Behinderungen in der NS-Zeit berichten. Der sehr empfehlenswerte Vortrag beginnt um 18 Uhr im Nicolaihaus in Unna. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung bei der vhs ist nicht erforderlich, aber erwünscht. Weitere Informationen finden Sie hier.
Ottilie Backheuer, Kleistraße 65, geboren am 2. Oktober 1895 in Obermassen, heute Unna
Ottilie wächst auf dem elterlichen Hof auf. Seit ihrer Geburt leidet sie an einer Fehlbildung des Rückens, ein Lederkorsett soll den Rücken gerade ausrichten und die Schmerzen erträglich halten. Sie arbeitet als Haushaltshilfe bei den Eltern, bis die 18-Jährige 1914 als Kochlehrmädchen im Gasthof „Westfälischer Hof“ in Königsborn anfängt. Bald schon kehrt sie ins Elternhaus zurück. Sie muss psychiatrische Hilfe in Anspruch nehmen und wird mehrfach in die Heil- und Pflegeanstalt Aplerbeck eingewiesen. Die Pflegekosten zahlen die Eltern in Naturalien, später tritt der Bruder an deren Stelle. 1939 werden die psychiatrischen Einrichtungen verpflichtet, alle Personen zu melden, die an bestimmten Krankheiten leiden und nach nationalsozialistischem Denken als „lebensunwert“ gelten. 1941 wird die 45-Jährige von Aplerbeck nach Herborn und von dort am 23. Juli 1941 nach Hadamer verlegt. Dort befindet sich eine der sechs reichsweiten Anstalten, in denen die von Berlin aus gesteuerte „Aktion T4“, benannt nach der Zentrale in der Berliner Tiergartenstraße 4, tatsächlich und angeblich behinderte Personen ermordet. Die Opfer werden in Zwischenanstalten gesammelt und der Tötungsanstalt Hadamar in grauen Omnibussen bedarfsgerecht zugeführt, um die Mordkapazitäten maximal auszulasten. Dort werden sie noch am selben Tag mit Gas ermordet, meist auch verbrannt und verscharrt. Um die Mordaktion zu vertuschen, werden den Angehörigen falsche Sterbedaten und Todesursachen genannt. Ottilie Backheuers Familie geht von einem natürlichen Tod aus, sie wird weder über den Anstaltswechsel noch über das wahre Sterbedatum informiert. Sie wird 45 Jahre alt. Ihre sterblichen Überreste sind auf dem Westfriedhof in Unna beigesetzt.